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Transportgamaschen – Beinschutz oder Risikofaktor?

Von Doris Jessen, geschrieben am 22. Mai 2023

Beinschutz Transportgamaschen
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TransportgamaschenPraxis_Beim Pferdetransport hat die Sicherheit für die Tiere Priorität. Eine immer wieder kehrende Frage ist hier: Sollen die empfindlichen Pferdebeine mit Tansportgamaschen geschützt werden oder nicht? Überraschenderweise sind die Antworten unterschiedlicher Profis durchaus unterschiedlich. Und wer in den unendlichen Weiten des Internet die passenden Gamaschen sucht, hat die bekannte Qual der Wahl. Am Schluss des Beitrages haben wir daher eine umfangreiche Anbieterübersicht zusammengestellt.

Auf den ersten Blick machen Transportgamaschen durchaus Sinn, weil sie die Beine vom Kronrand bis über die Sprung- bzw. Karpalgelenke gegen Stoß- oder Schürfverletzungen schützen können. Das gilt nicht nur für die Zeit des Transportes, sondern auch für das Ein- und Aussteigen, weil gerade Transport-unerfahrene Pferde dabei leicht seitlich von der Anhängerrampe abrutschen können. Auf dem Bild links trägt das linke Pferd kurze und die Nachbarin rechts lange Transportgamaschen.

Die Tierarztsicht: Üble Kronrandverletzungen

„Wenn ein Pferd beschlagen ist, sind meines Erachtens nach Transportgamaschen zwingend nötig“, meint Dr. Günter Allmeling, Fachtierarzt für Chirurgie und ehemals Betreiber der Tierklinik Börnsen bei Hamburg. „Die Pferde können sich gerade Kurven oder bei Bremsmanövern leicht auf den eigenen Kronrand treten und dadurch entstehen üble Verletzungen mit nachfolgenden Wachstumsstörungen im Horn, die schlecht heilen“, so der aus Erfahrung sprechende Tierarzt.

Der Spediteur: Immer nach Kundenabsprache

Etwas differenzierter sieht dies Helmut Wortmann vom international agierenden Pferdetransportanbieter Johannsmann: „Wir arbeiten immer in Absprache mit dem Kunden und fragen, ob das Pferd die Gamaschen kennt. Wenn ja, gibt es damit keine Schwierigkeiten. Wichtig ist allerdings, dass sie richtig sitzen und nicht rutschen. Nach unserer Erfahrung werden routinierte Turnierpferde immer eingepackt. Bei jungen, nicht an Gamaschen gewöhnten Pferden, sind die Reaktionen unterschiedlich. Gerade die langen und härteren Gamaschen, die über die Sprung- bzw. Karpalgelenke reichen, können schon zum Problem werden, wenn die Pferde versuchen, sie loszuwerden.“

Pferde langsam an Gamaschen gewöhnen!

HKM_TG_Decke_Da die Gamaschen aber grundsätzlich dem Schutz dienen, sollte, wer genug Zeit hat, sein Pferd daran gewöhnen. Das kann auch schon bei jungen Pferden regelmäßig während der täglichen Routine beim Putzern geschehen, wobei sie auch lernen sollten, ein paar Schritte mit den hohen Transportgamaschen zu gehen. Auch gemütliches Grasen lenkt die Tiere von den Gamaschen ab: Auf dem nebenstehenden Bild trägt die Stute Transportgamaschen und eine spezielle Fliegendecke von HKM. Anfangs wirkt das etwas staksig, aber erfahrungsgemäß gewöhnen sich die Tiere schnell daran.
Natürlich hat man dafür oft nicht die Gelegenheit, wenn ein Jungpferd quasi von der Koppel weg transportiert werden muss. Meistens sind diese Pferde nicht beschlagen, daher sind die Verletzungsrisiken speziell für den Kronrand deutlich geringer.

PfiffGrauEine Alternative für lange Transportgamaschen können kurze Modelle (auf dem Foto links ein Modell der Firma Pfiff) oder auch weiche Fleece-Bandagen mit Unterlegkissen sein. Sie sollten weit nach unten gewickelt und wenn möglich mit Sprungglocken kombiniert werden.

Worauf kommt es an?

Das Angebot an Transportgamaschen ist sehr groß: Abgesehen von der Farbenvielfalt unterscheiden sie sich in Länge, Außenmaterial, Polsterungsstärke und Klettverschlüssen. Hans-Jürgen Lenters von HKM Sportsequipment erklärt das Material: „Üblicherweise werden die Transportgamaschen aus denselben Stoffen hergestellt wie robuste Outdoor-Decken, deren Materialstärke in Denier, abgekürzt „den“ angeben wird. Um den nötigen Schutz zu gewährleisten sind sie unterschiedlich stark mit Wattierungen gefüttert“. Denier bezeichnet nach Aussage des Textiltechnischen Institutes in Wuppertal das Gewicht eines Fadens und zwar in Gramm pro 9.000 Meter Fadenlänge. Grob gesagt, ist also eine Decke mit 1.200 Denier mit dickerem Faden gewebt und damit stärker als eine mit 600 Denier. „Allerdings kommt es neben der Fadenstärke auch auf die Garnqualität und damit das Material sowie die Verarbeitung an. Für größtmögliche Robustheit werden überwiegend hochwertige Polyester- oder Nylongarne verwendet, die oft in Ripstoptechnik gewebt sind“, so Lenters.

Zu empfehlen ist auch, bei der Auswahl auf eine ausreichend dicke Wattierung in Kombination mit einem hautfreundlichen Innenfutter zu achten, um durch eine gute Polsterung die Stöße von außen auf das Pferdebein gut abzudämpfen. Ein atmungsaktiven Innenfutter sorgt zudem für ein optimales Klima sowohl im Sommer als auch bei längeren Transporten sehr wichtig.

HKM_Polyester2Sinnvoll ist auch ein Kunstledertrittschutz an der unteren Kante, damit die Pferde beim Einsteigen sich nicht in die Fesselbeuge, die Ballen und in Kurven nicht an den Kronrand treten. Außerdem ist es ein guter Verschleißschutz. Die Abbildung zeigt ein Modell der Firma HKM aus 600-Denier Ripstop-Polyester mit Polarfleeceinnenfutter.

Entscheidend für die Bequemlichkeit ist die Passform: Bei langen Gamaschen ist es wichtig, dass sie speziell an den Sprunggelenken gut anliegen. So sind Standard-Warmblutgamschen kleineren Pferden wie z.B. Arabern oder Quarter Horses oft zu lang, da hilft im Zweifel nur eine Anprobe oder genauen Vermessen der Beinlänge(n). Für sehr große Pferde sind preiswerte Gamaschen dagegen oft zu kurz. Die langen Gamaschen sollten, so Lenters, nicht zu hart sein, weil sie die Pferde sonst zu sehr stören. Je weniger Klettverschlüsse, desto praktischer sind sie anzulegen. Laut Fedimax sollten die Kletten im Bereich der großen Gelenke idealerweise mit elastischen Einsätzen versehen sein, um das Pferd in seiner Bewegungsfreiheit nicht zu sehr einzuengen.

Last but not least ist auch auf die Waschbarkeit zu achten, weil speziell das hintere Paar sehr schnell verschmutzt. Bevor man sie zu oft wäscht (meistens mit 30 Grad in der Maschine), sollten sie aber abgebürstet und mit einem feuchten Tuch abgewischt oder mit einem Wasserschlauch abgespritzt werden.
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