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Pferdeanhänger-Zugfahrzeugtest BMW X4 xDrive 35d: Spagat zwischen Schlammpfütze und Sterne-Restaurant

Von Doris Jessen, geschrieben am 5. August 2017

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BMW-X4-Web-47-von-562016 testeten wir bei Mit-Pferden-reisen das Modell BMW X5, diesen Sommer fuhr das handlichere SUV-Coupé X4 mit der gleichen 3-Liter-6-Zylinder-Motorisierung und 313 PS für den Pferdeanhänger-Zugfahrzeugtest vor. Um es gleich vorweg zu nehmen: Das Fahrzeug mit 2,4 Tonnen Anhängelast absolvierte alle Fahrten mit Bravour und macht „solo“ auch sportlich Spaß. Als Serienpreis gibt der Münchener Hersteller 63.000 Euro an. Wer allerdings diverse Extras nutzen möchte, muss etwas tiefer in die Tasche greifen.

Als im Jahr 2007 eine Reiterkollegin monierte, SUVs seien ihr zu „klobige Kisten“ und warum es nicht ein „schickes Gelände-Coupé“ gebe, erntete sie damals ein leises Schmunzeln. Gelände-Coupé. Naja. Damals konnten wir nicht ahnen, dass BMW eben diese Idee 2008 exakt so umsetzen und seinen neuen X6 als SAC, „Sports Activity Coupé“ bezeichnen würde. Kurz darauf stand er bei besagter Reiterkollegin übrigens auf dem Hof und sie fährt ihn heute noch.

Spagat zwischen Schlammpfütze und Sterne-Restaurant

Seit 2013 gibt es nun den handlicheren X4, der technisch auf der Plattform des beliebten X3 basiert, aber im Exterieur deutlich flotter auftritt: Das Coupé für alle Aktivitäten einer sportlichen Familie, das mit bewährter Allrad-Performance am Samstag einen Pferdeanhänger ebenso sicher durch schlammiges Geläuf schleppen wie es am Sonntag – frisch gewaschen hoffentlich – elegant auf dem gepflegten Parkplatz eines Sternestaurants vorfahren soll.

Dieser Spagat ist den Designern perfekt gelungen: Gewohnt dynamische Front mit prominenter BMW-Niere und schmal geschnittenen Scheinwerfern, moderat schräge Frontscheibe, deren Linienführung in die Dachlinie und das flach abfallende, aber am Ende hoch liegende, kräftig anmutende Heck übergeht. Aufgrund der für ein SUV mit 1,62 Metern niedrigen Höhe wirkt er nicht so wuchtig wie die Klassiker dieses Typs. Umgekehrt vermittelt wiederum der silberfarbene Unterfahrschutz der „X-Line“ vorne und am Heck den Offroad-Charakter.

Nobles Interieur

Das elegante äußere Erscheinungsbild findet innen mit der ausgewogenen Kombination aus Leder, schwarzen Hochglanz- und matten Aluminium-Blenden sowie Interieurleisten seine logische Fortsetzung. Das wirkt alles hochwertig und hervorragend verarbeitet

SUV-typisch liegt der Einstieg etwas höher, artet aber nicht zur Kletterpartie aus. Auf den Sportsitzen aus griffigem, tabakbraunem Leder mit hellen Ziernähten, für Fahrer und Beifahrer mit elektrischer Einstellung und Memory, Lordosenstütze, individuell anzupassenden Seitenwangen und natürlich Sitzheizung, fühlt man sich sofort heimelig wohl. Das sportlich kleine Lederlenkrad mit allen wichtigen Funktionalitäten wie Tempomat, Sprachsteuerung und Telefon sowie Fahrmoduswahl liegt gut in der Hand.

Trotz der Coupé-Linie haben die hinteren Mitfahrer aufgrund der tief montierten Rückbank genügend Kopffreiheit und für lange Beine ausreichend Raum. Zwei Personen sitzen bequem, die dritte, naja, für kurze Strecken mag es gehen.

Auch an Ablagen ist kein Mangel: Die Türtaschen sind sehr groß genug, um Flaschen und/oder Becher aufzunehmen, dasselbe gilt für die Mittelkonsole. Allerlei Kleinkram kann auch in dem tiefen Fach unter der Armlehne verschwinden, in dem sich die USB-, AUX- und 12V-Anschlüssen befinden. Letztere diente uns zum Anschließen des Trailercam-Monitors, der Bilder vom Heck des Pferdeanhängers und dessen Innenraum liefert.

Flexibel gestaltbarer Gepäckraum

Der Gepäckraum, den wir ja als Reiter oft genug auch für Sättel & Co. benötigen, öffnet sich auf Knopfdruck elektrisch. Er ist in Anbetracht der Coupé-Form nicht riesig, aber mit 500 Litern bei aufgestellter Rückbank ausreichend. Wird der X4 durch Umklappen der Rückbank zum Zweisitzer umgebaut, werden daraus mit ein paar Handgriffen 1.400 Liter bei dachhoher Beladung. Die Fläche ist fast gerade und knapp 1,70 Meter lang. Links befindet sich ein Netzfach für allerlei Kleinigkeiten, rechts ein tiefes Staufach. Im doppelten Boden gibt es zusätzlichen Platz, auch findet sich dort ein aufspannbares Gepäcknetz, das an zwei Schienen befestigt werden kann.

Ran an den Haken

BMW-X4-Web-35-von-56 BMW-X4-Web-36-von-56Aber nun zum Haupteinsatzzweck – wenigstens für diesen Test. Wie schon der X5 finden wir die für das Ankuppeln beiden wichtigsten Komfortmerkmale: Eine elektrische Anhängerkupplung (deren Bedienungsknopf hinter einer Abdeckung rechts im Kofferraum versteckt ist) und eine Rückfahrkamera. Sie liefert das mittlerweile gewohnt gestochen scharfe Bild in der Mitte des Displays und daneben – zur doppelten Kontrolle gewissermaßen – die Ansicht aus der Vogelperspektive mit grün-gelb-roten Farbsektoren als zusätzlichen Hinweis für die zentimeterweise Annäherung an das Kupplungsmaul des Pferdeanhängers. Die Rückfahrkamera, die natürlich nicht serienmäßig, sondern für 420 Euro als Sonderausstattung zu ordern ist, ist dringend zu empfehlen. Denn mit der Übersichtlichkeit nach hinten steht es aufgrund der sehr schrägen Heckscheibe nicht zum Besten und die serienmäßigen „Parkpiepser“ helfen bei der Zentimeterarbeit des Andockens nicht viel weiter. Wer sich also auch im „normalen“ Leben das Einparken vereinfachen möchte, sollte daran nicht sparen. Rundum sicher wird es dann mit dem Surround View, der allerdings noch einmal 490 Euro extra kostet.

Die Anhängerkupplung fährt auf Knopfdruck elektrisch aus, ein Klick signalisiert das korrekte Einrasten. Sehr schön, die Finger bleiben sauber. Auch die Fingernägel bleiben dran, weil sich die Steckdosenklappe direkt am Kupplungskörper befindet und daher leicht zugänglich ist. Für Fahrten in Nachbarländern wie zum Beispiel in der Schweiz oder den Niederladen wichtig: Das Bremsseil kann hier an einer dafür vorgesehenen Öse eingehakt werden.

Hochkomfortables Infotainment

Vor längeren Fahrten macht es Sinn, sich mit dem sehr umfangreichen Leistungsspektrum des Infotainment-Systems bekannt zu machen, in dem drei Fahrerprofile konfiguriert und hinterlegt werden können. BMW-typisch ist der sog. xDrive Touch Controller, ein gut in der Hand liegender Drehknopf rechts auf der breiten Mittelkonsole, mit dem alle Systemfunktionen gesteuert werden können. Das Schreiben über die berührungsempfindliche Oberfläche ist etwas gewöhnungsbedürftig und kann vom Fahren ablenken. Da empfanden wir es als sicherer, alle Befehle für die Navigation oder das Telefon über die im wahrsten Sinne des Wortes wirklich verständnisvolle Spracherkennung einzugeben – vom Anruf bei der Reiterkollegin bis zum Auffinden des nächsten Steakrestaurants. Und auf der Fahrt dorthin genießt man die reinen DAB-Radio- oder CD-Klänge des Herman Kardon Surround Sound Systems.

Lediglich beim Streaming von Iphone-basierten Hörbüchern war das System etwas launisch: Einmal funktionierte es nach der Handy-Kopplung via Bluetooth sofort, einmal erst über USB und dann wieder gar nicht. Vielleicht lag das Problem aber auch am alten IPhone 4…

Wer über moderne IOS- oder Android Smartphones verfügt, kann Inhalte seines Telefons auf dem Display darstellen. Außerdem kann man sich den aktuellen Wetterbericht und die umliegenden Restaurants anzeigen lassen.

Eco Pro, Comfort, Sport oder Sport+

Dem Anspruch „Freude am Fahren“, den BMW seit vielen Jahren erhebt, wird das SUV-Coupé auch mit seiner Zweitonnen-Last gerecht. Die starke V6-Motorisierung mit 313 PS lässt keinen Zweifel an flottem Fortkommen auf allen Straßen, mit 630 Newtonmetern Drehmoment und xDrive-Vierradantrieb pflügt man auch auf Turnierwiesen oder Waldparkplätzen durch Schlammpfützen, die deutsche Sommerregen leider des Öfteren bescheren. Der mit nahezu zwei Tonnen Leer- und 2,4 Tonnen Gesamtgewicht schwere Wagen fixiert den Anhänger brettgleich auf der Straße. Aufgrund seines Leergewichtes darf er mit Anhängern bis zu 2,1 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht 100 km/h schnell fahren. Bis zu 2,4 Tonnen darf er an den Haken nehmen, die Stützlast beträgt 100 kg.

BMW_X4_Web__15_von_56_Wie in modernen Fahrzeugen üblich, verfügt auch der X4 über vier Fahrmodi mit unterschiedlichen Agilitäts- und Dämpfereinstellungen. Im Anhängebetrieb auf Landstraßen hat sich die Einstellung Sport am besten bewährt, weil damit auch Überholmanöver flott von statten gehen. Auf der Autobahnlangstrecke ist es dann Geschmacksache, wir haben uns im Eco Pro-Modus sehr wohl gefühlt, der durch „Efficient Dynamics Maßnahmen“ helfen soll, Kraftstoff zu sparen, indem Gaspedal- und Getriebekennlinien sowie Schaltpunkte optimiert und die Klimastrategie intelligent angepasst werden.

BMW_X4_Web__18_von_56_Der Bordcomputer zeigt als Bonusreichweite an, wie viele Kilometer mehr in diesem Modus gefahren werden können.

Bei Bedarf ist der spritzigere Gang am Lenkrad per Knopfdruck sofort aktiviert. In allen Fällen sorgt die Achtgang-Automatik für samtweiches Schalten, das Start-Stopp-System unterstützt die – vergleichsweise – sparsame Fahrt. So lag der Verbrauch mit Anhänger bei rund 11 Litern, ohne Anhänger im Drittelmix bei acht Litern.

Komfort und Sicherheit durch moderne Assistenten

Auf allen Fahrten, vor allem aber mit Anhänger, sind die Fahrerassistenzsysteme ein wahrer Genuss: Der Tempomat hält den Abstand zum Vordermann, was vor allem im langweiligen LKW-Kolonnenverkehr auf der Autobahn die Fahrt entspannt. Die City-Anbremsfunktion reagiert –ziemlich prompt übrigens – auch auf Fahrradfahrer. Das Lenkrad vibriert, sobald man die Spur verlässt, ein Blinken im Rückspiegel signalisiert herankommende Fahrzeuge im toten Winkel und bei Nacht erspart der „BMW Selective Beam“ des Lichtassistenten das lästige Abblenden, weil das System andere Verkehrsteilnehmer erkennt und diese gezielt aus der Fernlichtverteilung ausblendet. So leuchtet das Xenonlicht die Straße knapp einen halben Kilometer weit aus, was vor allem Frauen im besten Alter entgegenkommt, deren Nachtsichtfähigkeit erwiesenermaßen mit der Zeit abnimmt. Ein spaßiges Detail bei Nacht: Die Handgriffe an den Türen sind ebenfalls beleuchtet.

Ebenfalls komfortabel: Das farbige Headup-Display, das je nach Konfiguration alle wichtigen Informationen direkt in den Fahrerblick auf die Frontsacheibe projiziert. Dazu gehören alle Verkehrsschilder, Abbiegeinformationen aus dem Navigationsgerät oder auch die aktuelle Tempomateinstellung. Wie schnell man sich daran gewöhnt, fällt einem erst dann auf, wenn es – warum auch immer – einmal ein paar Minuten ausfiel.

Von Null auf 100 in 5,2 Sekunden

Seine sportlichen Qualitäten spielt das schicke „Sports Activity Coupé“ natürlich eher ohne Pferdeanhänger aus: Da machen kurvige Landstraßen so richtig Spaß und wenn es auf die Beschleunigungsspur der Autobahn geht, absolviert der X4 den Sprint von 80 auf 130 km/h in 3,3 Sekunden. Einmal auf der linken Spur, kann man es auch einmal „krachen lassen“ und es bis auf die Spitze von 247 km/h treiben. Dabei klebt das Fahrzeug auch in diesen Sphären immer noch sicher auf der Straße.

Fazit

Wer keinen „großen X6“ fahren möchte, weil Garage oder Portemonnaie zu schmal geraten sind, findet im BMW X4 eine sportlich-elegante Alternative, die mit 2,4 Tonnen Anhängelast auch größere Zweipferdeanhänger mit schwereren Vierbeinern komfortabel zieht und dabei ein hochkomfortables Reisemobil ist. Abstriche sind beim Gepäckraum zu machen, der mit der Ladekapazität größerer SUVs nicht mithalten kann, ein Preis, der eben für die Coupé-Silhouette zu zahlen ist. Apropos Preis: 63.000 Euro kostet die Serienausstattung, mit allen im Testwagen verbauten Extras kommen noch einmal 18.200 Euro hinzu.

Technischen Daten

Länge (mm) 4.671
Breite (mm) 1.881
Höhe (mm) 1.624
Bodenfreiheit (mm) 204
Kofferraumvolumen (Liter) 500 – 1400
Wendekreis (m) 11,9
Leergewicht (kg) 1.860 – 1.935
Zul. Gesamtgewicht 2.440
Zuladung (kg) 580
Anhängelast gebremst, bis 12 % Steigung (kg) 2.400
Stützlast 100 kg
Motor 2.993 ccm, 6-Zylinder Dieselmotor (Twin Power Turbo)
Getriebe 8-Gang-Steptronic
Maximale Leistung 230 kW (313 PS)
Maximales Drehmoment 630 Nm bei 1.500 bis 2.500 Umdrehungen/min
Beschleunigung 0 – 100 in 5,2 sec
Höchstgeschwindigkeit 247 km/h
Verbrauch in Litern (Herstellerangaben) Stadt: 6,7; außerhalb 5,5; gesamt 6,0
CO2-Emission (g/km) 157
Schadstoffklasse Euro 6
Effizienzlabel A
Versicherungsklasse Haftpflicht + Teilkasko + Vollkasko 22 (HP), 24 (TK) 25 (VK)
Neupreis € Ab 63.450 Euro; Testwagenausstattung 88.360 Euro

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